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Wie gestalte ich als Dirigent die erste Probe mit einem neuen Werk?

Als Dirigent muss ich mir bei der Vorbereitung der Partitur auch Gedanken darüber machen, auf welche Weise das Orchester das Werk kennenlernen soll. Genau wie es beim Konzert nur eine Möglichkeit gibt, die Musik dem Publikum möglichst gut und stimmig zu präsentieren, so hat auch der Dirigent oft wenig Zeit, das Orchester von einem neuen Stück zu überzeugen.

Einige Musiker entscheiden recht schnell und intuitiv, ob sie die Musik mögen oder nicht. Danach wird es mit zunehmender Zeit immer mühsamer, diese Meinung noch einmal zu revidieren. Folglich lohnt die Überlegung, wie man als Dirigent am besten an ein neues Stück herangeht.

Probe mit Rainer Serwe

Foto: Rainer Serwe

Erwartungen des Dirigenten

Ein wichtiger Faktor dabei ist das Ergebnis, das man vom Durchspielen erwarten könnte. Spielt das Orchester recht sicher vom Blatt, kann ich einen Durchlauf des Stücks wagen und die Musiker bekommen so einen ersten Eindruck der Musik. Habe ich aber die Befürchtung, dass ich bereits nach wenigen Takten abbrechen muss, da sich das Orchester schnell verliert, ist es weniger sinnvoll, einfach vorne anzufangen und alle sozusagen ins kalte Wasser zu werfen.

Hintergrund des Stücks

Häufig steht hinter der Musik eine Geschichte - die Vertonung eines Ereignisses, eines Buchs, eines Märchens oder Ähnlichem, oder aber eine Geschichte, die den Komponisten zum Schreiben der Musik veranlasst hat. Diese sollte man seinen Musikern nicht vorenthalten, denn so ist es für die Musiker leichter, einen Bezug zum Stück zu bekommen - ebenso wie auch das Publikum durch die Moderation beim Konzert.

Die Musiker in der Probe freuen sich darüber, wenn sie das Stück verstehen und wissen, was sie gerade spielen. Manche Stücke könnte man sogar in Teilen vorstellen, wobei man vor jeder neuen thematischen Passage den nächsten Teil der Geschichte erzählt. Je tiefgehender der Bezug und das Verständnis fürs Stück sind, desto höher ist auch häufig die Spielfreude und die Bereitschaft, sich auf die Musik einzulassen.

Themen der Komposition vorstellen

Manche Stücke bestehen aus einem Hauptthema, das sich wie ein roter Faden durch das Werk zieht. Stellt man dieses Thema zunächst einmal vor, kennen die Musiker schon einen großen Teil der Musik und werden sich immer wieder freuen, wenn sie das Thema erkennen oder es selbst spielen.

Also warum nicht am Anfang das Hauptthema oder mehrere Themen vorstellen? Gerade hier gibt es häufig die Möglichkeit, viele Instrumente einzubeziehen, wenn das Thema an mehreren Stellen in verschiedenen Registern auftaucht. Ändert sich die Tonart nicht, kann man die einzelnen Instrumente sogar zusammenfassen.

Vielleicht gibt es auch prägnante Rhythmen oder Akkordfolgen, die wiederkehren. Auch diese kann man den Musikern an die Hand geben, bevor man das Stück durchspielt. So gibt es gleich beim ersten Spielen viele Wiedererkennungsmomente innerhalb des Werks. Bewusst ausgesuchte Einspielübungen können auch schon zum Werk hinführen und den Zugang erleichtern.

Das Musikstück in Teilen vorstellen

Vor allem längere Stücke bestehen oft aus mehreren Teilen, die entweder als Sätze getrennt sind oder innerhalb eines durchlaufenden Werkes unterteilt werden. Es kann ratsam sein, sich zum Kennenlernen der Musik auf ein paar Teile zu beschränken und nicht gleich alles spielen zu wollen. Das spart Zeit und man kann sich intensiver mit den ausgesuchten Teilen beschäftigen und diese dem Orchester gut präsentieren.

Außerdem kann man Passagen wählen, die technisch oder musikalisch leichter zugänglich sind, die auch schon beim ersten Durchspielen überzeugend klingen und so beim Orchester hoffentlich einen guten ersten Eindruck und eine positive Grundeinstellung zu den aufliegenden Noten schaffen.

Tempo verändern

Bei schwierigen Passagen hilft es natürlich, das Tempo zu verringern. So sind die Noten leichter zu bewältigen und das Ergebnis wird deutlich besser sein. Oft geht damit jedoch auch der Charakter und Reiz des Stücks verloren - hier muss man als Dirigent abwägen. Vielleicht kann man dem Orchester auch schon einmal das endgültige Tempo vorgeben oder sich langsam annähern.

Professionelle Aufnahme vorspielen

In Ausnahmefällen kann es auch eine Möglichkeit sein, eine professionelle Aufnahme zur Hilfe zu nehmen und sie dem Orchester vorzuspielen. Dies ist besonders dann geeignet, wenn das Stück so schwierig ist, dass eventuell auch innerhalb der Probe noch kein wirklich großer Fortschritt zu erwarten ist. In diesem Fall sollte der Dirigent allerdings überzeugt sein, dass das Werk mit dem Orchester überhaupt machbar ist. Entscheidet man sich für eine Aufnahme, muss sie gut ausgewählt und überzeugend sein.

Fazit

Der Dirigent kann bei der Vorstellung eines neues Werks seiner Kreativität freien Lauf lassen und sich für jedes Stück eine passende Strategie überlegen. Wichtigster Grundsatz bei der Vorbereitung der ersten Probe ist dabei die Frage, wie man es als Dirigent schafft, bei den Musikern ein positives Gefühl dem Stück gegenüber zu geben, sodass das Orchester gerne bereit ist, an dem Stück zu arbeiten. Je anschaulicher die Musik für die Musiker ist, umso einfacher ist es auch, die Vorstellungen des Komponisten und des Dirigenten umzusetzen.

Autor: Rainer Serwe


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