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Robert Kreutzer im Gespräch über sein Buch "Stütze!!? Atemtechnik & Atemstütze für Bläser, Sänger und Sprecher"

Seit Jahren beschäftigt sich der Musikpädagoge, Opernsänger und ausgebildete Trompeter Robert Kreutzer mit Atemtechnik und Atemstütze und rennt damit offene Türen ein - stößt aber immer wieder auch auf Fehlinterpretationen. Nun ist sein Fachbuch "Stütze!!?" in der bereits 7. Auflage er­schienen. Wir haben mal quergelesen und nachgefragt.

Robert Kreutzer mit seinem Buch Stütze!!?

Herr Kreutzer, in der 7. Auflage beschäftigen Sie sich auch kritisch mit dem heutigen musikpäda­gogischen Ausbildungssystem. Was läuft denn da falsch?

Ich möchte es nicht so formulieren, dass da etwas falsch läuft. Ob richtig oder falsch liegt immer im Auge des Betrachters. Vielmehr ist es so, dass in diesem Fachbereich gewissermaßen zu wenig läuft, denn aus meiner Sicht wird der Fachbereich "Atemtechnik und Atemstütze" noch immer viel zu wenig berücksichtigt und weitgehend dem Zufall überlassen. Er wird weder kon­struktiv zur Diskussion gestellt noch ausreichend in der Praxis am Instrument vermittelt. Es müsste das Ziel sein, dessen theoretische Analyse und in weiterer Folge vor allem auch dessen praktische Anwendung begleitend bis zur ökonomischen Umsetzung in der Literatur mindestens zwei Jahre lang in den Studienplänen festzuschreiben.

Immerhin handelt es sich hierbei um die wichtigste Grundlagentechnik für jeden Bläser, Sänger und Sprecher. Man muss sich vor Augen führen, dass sämtliche in­strumentaltechnischen und musikalischen Aspekte beim Bläser und Sänger letztendlich von der Luft und somit von der Atemtechnik abhängig sind bzw. unmittelbar mit ihr in Zusammenhang stehen: Artikulation und Intonation, Ansatztechnik und Stimmtechnik, Klangqualität und Klangvolumen, Phrasierung und Rhythmik, Interpretation und so weiter...

Ohne einen freien Atemfluss nach außen auf Basis einer aufrechten Körperhaltung, korrekter atemtechnischer Bewegungs­abläufe, die in einer offenen, positiven Körpersprache münden, und einer ­logischen, nachvollziehbaren De­finition des Fachbegriffs »Atemstütze«, die vor allem in ihrer Anwendung praktikabel sein muss, ist eine ökonomische Entwicklung des Bläsers und Sängers auf ein professionelles musikalisches Niveau nicht möglich.

Jeder Ton "lebt" von der Luft, egal in welcher Tonlage, Lautstärke, in welchem Tempo oder mit welchem Ausdruck er geblasen oder gesungen wird! Ohne Luft schwingt rein gar nichts, weder die Lippen bzw. das Rohrblatt beim Bläser, noch die Stimm­lippen und -bänder beim Sänger und Sprecher.

In Ihrem Buch hinterfragen Sie auch die gängigen wissenschaftlichen Lehrmeinungen.

In der umfangreich erweiterten Neuauf­lage 2019 meines Fach­buches spreche ich diese Problematik erstmals an, weil es hier generell großen Nachholbedarf in unserem Ausbildungssystem und natürlich auch großen Diskus­sionsbedarf zu den unterschied­lichen Lehrmeinungen gibt. Wenn dieses Thema im Sinne des "Leistungsatems" überhaupt im Unterricht angesprochen wird, dann gibt es dazu leider auch eine große Diskrepanz zwischen der heutigen "wissenschaftlichen Lehre" und der Realität in der praktischen Ausführung.

Die große Diskrepanz ist dabei darin zu suchen, dass die heute gängigen wis­sen­schaft­lichen Lehrmeinungen und Definitionen in der Regel von Wissenschaftlern und Ärzten formuliert wurden, die zwar auf Basis der Kenntnis der menschlichen Anatomie wissenschaftlich bzw. medizinisch analysiert haben, aber gleichzeitig nie selbst professionell als Bläser oder Sänger auf der Bühne in Erscheinung getreten sind. Sie können deshalb oft auch nicht abschätzen und nachvollziehen, welche Spitzenleistungen im Orchestergraben oder auf der Bühne zu erbringen sind und wie sich eben der Sachverhalt in der Praxis darstellt.

Was ist denn nun eigentlich Stütze?

Zunächst ist Folgendes festzustellen: Die "Atemstütze" steht immer im Zusammenhang mit der Tonproduktion! Das ist eben ein fachspezifischer Begriff, der im Spe­ziellen uns Bläser, Sänger und Sprecher betrifft. Es gibt zwar schon die unterschiedlichsten Alternativ-Methoden, die in un­ser Ausbildungssystem einfließen und mithilfe von verschiedenen Entspannungstechniken, Bewegungsschulungen usw. auch ihre Berechtigung haben und durchaus begrüßenswert sind. Allerdings muss man das vom professionellen Standpunkt aus auch kritisch betrachten, weil keine dieser Alternativ-Methoden die »Atemstütze« erklärt! Aus diesem Grund sind sie auch nicht geeignet, einen Bläser oder Sänger auf eine professionelle Ebene zu führen, sondern sie sind bestenfalls ergänzend einzusetzen.

Mit einem Satz formuliert bezeichnet die "Atemstütze" beim "aktiven Ausatmen" (Blasen/Singen/Sprechen) das Aufbauen einer Luftsäule mit einem gewissen Luftdruck für die jeweilige Ton­höhe! In meinem Fachbuch "Stütze!!?" finden Sie eine umfangreiche Definition.

Wo kommt es denn hier zu Fehlinter­pretationen und welche Folgen kann das haben?

Die Grundproblematik des Begriffs "Stütze" liegt in der Mehrdeutigkeit dieses deutschen Wortes, denn als "Stütze" wird auch etwa eine Betonsäule bezeichnet, die beispielsweise eine Beton­decke stützt. Davon wird leider noch immer fälschlicherweise abgeleitet, zum "Stützen" auch beim Blasen, Singen oder Sprechen etwas fixieren, anspannen, festhalten oder mittels einer künstlichen "Atemrückhaltekraft" etwas zurückhalten zu müssen. Warum dies unweigerlich zu großen Pro­blemen mit den unterschiedlichsten negativen Auswirkungen - Verkrampfungen, In­to­nationsprobleme - führt? Weil unser menschlicher Körper eine völlig andere Funktionsweise hat!

Was macht die "Kreutzer-Methode" anders als andere Methoden?

Der große Unterschied zu den herkömm­lichen Methoden liegt darin, dass ich auf die natürlichen Grundlagen, auf die natür­liche Funktionsweise unseres Körpers ein- bzw. zurückgehe. Meine Methode entspricht bis ins Detail der Funktionalität des menschlichen Körpers, weshalb auch eine Sys­temumstellung von einer kraft­betonten Methode zu meiner "Kreutzer-Methode" ohne jeden un­nötigen Kraftaufwand in kürzester Zeit möglich ist, weil dies noch immer unser ureigenstes Prinzip ist, das ­jeder von uns tief in sich trägt!

Man muss nur das grundlegende atemtechnische Prinzip verstanden haben und die entsprechenden Bewegungsabläufe wieder in eine positive Richtung, sprich in eine positive Körpersprache führen. Es geht um "Offenheit, Beweglichkeit und Locker­heit", letztendlich um "das Prinzip der Beweglichkeit"! Viel Bewegung heißt, dass man viel Luft bewegen kann, was sich letztendlich positiv in der Praxis beim Musizieren auswirkt - auf Klangvolumen, Klangqualität, Sub­stanz...

Der "Leistungsatem" verlangt im Vergleich zum Atmen im täglichen Leben, wo man keine größere ­körperliche Leistung erbringen muss, unglaublich viel mehr von einem professionellen Bläser und Sänger/Sprecher, weil hier oft Spitzenleistungen bei größter Flexi­bilität gefordert sind, wie ­beispielsweise beim Blasen von "Highnotes" als Trompeter oder beim Operngesang, wo die Stimme meist ohne technische Hilfsmittel oft über ein ganzes Orchester hörbar sein und einen gesamten Opernsaal aus­füllen können muss.

Deshalb kommt man notwendigerweise immer wieder in die Situa­tion, das volle Lungenvolumen nutzen können zu müssen, weil man unter Umständen sehr viel Luft für laute Töne sowie für lange Phrasen benötigt (Luftmenge = Lautstärke + Tondauer!) und oft einen ­hohen Luftdruck für hohe Töne aufbauen muss (Luftdruck = Tonhöhe!), auch wenn man natürlich nicht permanent maximal ein- oder ausatmen wird.

Welche neuen Erkenntnisse stecken in Ihrer Neuauflage? 

Zunächst die Erkenntnis, dass nie genug über diesen Fachbereich geredet und diskutiert werden kann, je mehr desto besser, wobei man durchaus auch verschiedene Lehrmeinungen im Raum stehen lassen kann und diese bewusst gegenüberstellen soll. Studenten sollen dazu animiert werden, selbst aktiv zu werden, Augen und Ohren offen zu halten, um sich eine eigene objektive Meinung bilden zu können. Letztendlich sollte jeder Einzelne für sich selbst entscheiden können, was für ihn logisch und praktikabel ist, ohne vom eigenen Lehrer in ein strikt vorgegebenes enges oder falsches Muster hineingedrängt werden zu können.

Neu sind auch einige Übungen. Welche sind das und auf welche Weise wird damit was erreicht?

Neu hinzugekommen sind Atemübungen, die es dem interessierten Leser ermög­lichen, die Umsetzung dieser elementar wichtigsten "Grundlagen der Atemtechnik" auch im Selbststudium umzusetzen und in eine positive Richtung führen zu können. So habe ich im Speziellen den praktischen Teil von bisher vier auf nunmehr neun Atemübungen umfangreich erweitert, die in letzter Konsequenz das Ziel haben, vorhandene Verspannungen zu ­lösen und bei größtmöglicher Flexibilität ein Musizieren mit einem Wohlgefühl auf höchster künstlerischer Ebene zu ermöglichen, um letztendlich das Publikum mit seinen Emotionen berühren zu können!

Es geht darum, diese elementaren Voraussetzungen für einen freien Atemfluss, wie ich es bezeichne "Mit Schwung nach Außen" - die Wissenschaft verlangt heute mit dem »Halten einer Einatem-Stellung« bzw. einer »Atemrückhaltekraft« kurioserweise genau das Gegenteil -, für jedes Talent zu erschließen und nicht gewisser­maßen dem Zufall zu überlassen, ob man vielleicht das Glück hat, nicht allzu viel falsch zu machen. Man kann diese grund­legenden Dinge ganz einfach mit diesen ­wenigen Atemübungen bewusst steuern und automatisieren!

Und wer sollte das Buch kaufen? Anfänger oder Fortgeschrittene? Laien oder Profis? 

Das grundlegende atemtechnische Prinzip ist in allen Bereichen ­dasselbe! Jeder kann davon profitieren, egal ob Anfänger, Fort­geschrittene, Laien oder Profis, Blech- oder Holzbläser, Sänger sämtlicher unterschiedlicher Genres sowie sämtliche Sprechberufe. Ich habe das Buch in einer bewusst einfach gewählten Sprache ohne komplizierte wissenschaftliche und medi­zinische Begrifflichkeiten geschrieben, um diese Materie einem breiten Publikum zugänglich zu machen und den Fachbegriff "Atemstütze" mit einer völlig neuen ausführlichen Definition begreifbar und vor ­allem auf eine natürliche Art und Weise in der Praxis anwendbar zu machen.

Es ist mir ein Anliegen, diesem Fachbereich eine neue, heute leider noch bei weitem unterschätzte Wertigkeit zu geben, hier gewissermaßen eine Lanze für unsere jungen Talente zu brechen, damit diese für ­jeden Bläser, Sänger und Sprecher wichtigsten und elementaren Grundlagentechniken auch in unserem Ausbildungssystem neu aufgestellt werden und das Unterrichtsangebot dahingehend erweitert wird.

Ein Fernziel wäre es hier auch, an jeder Musik­schule zumindest ein paar Stunden nur für den Fachbereich "Atemtechnik" freizuschalten, damit fächerübergreifend fern jeder Eitelkeit ohne Berührungsängste und mit gegenseitiger Wertschätzung sämtliche Bläser, Sänger und Sprecher, aber natürlich auch andere Instrumentalgruppen davon profitieren könnten. Da und dort sieht man diese zukunftsweisenden Ansätze ja schon wachsen, die ich mit meiner jahrelangen konsequenten Arbeit initiieren konnte.

Auch die neue Aufmachung des Buches in hochwertigster Ausführung mit einer Hardcover-Version mit Fadenbindung, cello­phaniert und scheuerfest, damit man es in jedem Musikzimmer in der praktischen Arbeit immer wieder aufgeklappt zum Nachlesen zur Hand nehmen kann, soll ein Zeichen dafür sein, diese elementaren Grundlagentechniken nicht zu vernach­lässigen. Ein echtes Statement für diesen so wichtigen Fach­bereich! Ich wünsche mir, dass mein neues Buch ­Anregung für eine ehrliche fachliche Diskussion sein wird und dazu beitragen kann, dass dieser Fachbereich in Zukunft für unsere jungen Talente nachhaltiger aufgestellt wird und unser ­musikalischer Nachwuchs seine Talente ohne unnötige Pro­bleme atemtechnischer Natur ent­wickeln kann!

www.blasmusik-shop.de/Robert-Kreutzer

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