Schimmel: Die Krankheit aus dem Blasinstrument

Die Erkrankung heißt EAA und ist lebensgefährlich. Möglicher Auslöser sind Schimmelpilze im Blasinstrument. Wird die Diagnose gestellt, ist Abhilfe leicht zu leisten: einfach das Instrument gründlich reinigen.

Ein Blasinstrument zu spielen, stärkt die Atemorgane und regt den Kreislauf an. Viele Musiker haben als Kinder nur deshalb mit dem Blasen begonnen, weil ein Lungenarzt es als Therapie gegen ihre Atemprobleme empfahl. Nur leider lauern in Blasinstrumenten nicht nur Vorteile, sondern auch Gefahren für die Gesundheit. 

EAA – die Saxofonlunge

Denn keine Spekulation ist die Erkrankung, die in der Medizin als EAA (exogen-allergische Alveolitis) oder auch HP (Hypersensitivitäts-Pneumonitis) bekannt ist. Es handelt sich dabei um eine Entzündung und Vernarbung des Lungengewebes, die sich in Husten, Keuchen, pfeifenden Atemgeräuschen und Atemnot äußert. Bei fortschreitendem Verlauf kann diese Erkrankung zu Lungen­fibrose und übermäßiger Herzbelastung führen und letztlich zum Tod des Patienten.

Ausgelöst wird die EAA durch das regelmäßige Einatmen von Pilz- und Bakteriensubstanzen, auf die der Betroffene übersensibel oder allergisch reagiert. In den meisten Fällen geschieht dieses Einatmen am täglichen Arbeitsplatz, etwa in der Landwirtschaft, in Chemiefabriken oder in Betrieben, wo organische Stoffe verarbeitet werden. Die Mediziner kennen die Krankheit zum Beispiel als “Farmerlunge” – meist ausgelöst durch Pilzsporen im Futterheu oder Staubpartikel bei der Geflügelhaltung.

In der angloamerikanischen Literatur findet man längst auch den Begriff “saxophone lung” – Saxofonlunge. Jedes Jahr berichtet die Presse davon, dass Blasmusiker an EAA erkrankt sind, weil sie beim Spielen ihres Instruments regel­mäßig Schimmelpilze eingeatmet haben. 

Tot: Dudelsackspieler aus Nordengland

Fallbeispiel: ein 61-jähriger Dudelsackbläser aus Nordengland. Er litt an Husten und Atemnot, hatte schon sieben Jahre zuvor die ­Diagnose EAA bekommen und wurde mit Cortison behandelt. Eine Ursache – etwa eine Taubenzucht, Asbestwände zu Hause, Staubpartikel am Arbeitsplatz – wurde nicht gefunden. Die Beschwerden verbesserten sich erst, als der Mann zwei Jahre nach der Diagnose nach Australien reiste – ohne seinen Dudelsack. Doch kaum war er zurück in England, verschlimmerten sich die Symptome sofort – er spielte ja wieder Dudelsack. Erst drei Jahre später geriet bei den Ärzten in Manchester das Blasinstrument in Verdacht: Man fand in dem Dudelsack Schimmel- und Hefepilze. Für den Hobbybläser kam die Entdeckung leider zu spät, er starb im Oktober 2014. Dabei hatte es nur zwei Jahre vorher einen ganz ähnlichen Fall in Wiltshire gegeben.

Der Musikmediziner und Professor Hans-Christian Jabusch gibt aber Entwarnung: Zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit kommt es selten. Dennoch seien regelmäßige Hygienemaßnahmen bei Holz- und Blechblasinstrumenten wichtig. Welche das sind, erläuterte er kürzlich in einem Interview in SWR2.

Wie verbreitet die Pilzgefahr in Blasinstrumenten ist, weiß man nicht genau. Es ist durchaus denkbar, dass in der Vergangenheit Blasmusiker aufgrund von EAA oder HP ernsthafte Atemprobleme bekamen oder sogar gestorben sind, ohne dass man damals den Auslöser gefunden hätte. Eine Untersuchung in Boston erbrachte 2011, dass Bakterien und andere Keime mehrere Tage lang in und auf Blasinstrumenten überleben können – übrigens auch der Tuberkulose-Erreger, dem mancher Bläser vor der Einführung des Penicillins zum Opfer fiel.

Musikmediziner Hans-Christian Jabusch lehrt an der Hochschule für Musik Dresden die Grund­lagen der Physiologie und Psychologie des Musizierens und Übens. Die korrekte Reinigung des Instruments soll ebenfalls einen Platz in der Lehre finden.

Pilze in Blasinstrumenten nachgewiesen

Bei einer Studie einer französischen Gruppe, so Jabusch, wurden 2019 vierzig Holzblasinstrumente auf Pilzbefall untersucht. Dabei konnte bei der überwiegenden Mehrzahl der Instrumente Pilzbefall nachgewiesen werden.

Zudem wurden bei einem Großteil der Musiker im Blutserum Antikörper festgestellt, die sich gegen Antigene der jeweils im Instrument nachgewiesenen Pilzgattung richteten. Hierbei hatte das Immunsystem auf den Pilzbefall reagiert, ohne dass es aber zu Beschwerden kam. Gegen einen Befall mit Pilzen helfen korrekte Hygiene-Maßnahmen.

Auch Prof. Hans-Christian Jabusch hat eine Studie zu dem Thema durchgeführt. Hierzu wurden 245 Holz- und Blechbläserinnen und -bläser befragt, wie sie ihre Instrumente pflegen. Positiv sei, dass vor allem Holzbläser nach jedem Spiel ihre Instrumente trocknen, bei Blechbläsern wird die Funktion zum Abtropfen genutzt.

Reinigen und Desinfizieren 

Nur die Hälfte der Holzbläser gab an, das Instrument einmal pro Woche zu reinigen, bei den Blechbläsern war die Zahl noch geringer.

Um Pilzen vorzubeugen, ist das Desinfizieren besonders hilfreich. Das machen laut Jabuschs Studie allerdings weniger als zehn Prozent der Befragten. Jabusch betont an dieser Stelle, das solle öfter geschehen.

Besonders einfach und gleichzeitig sinnvoll ist das Wechseln vom Wasser zum Anfeuchten der Rohrblätter. Jeweils ein Drittel der befragten Musikerinnen und Musiker wechselte das Wasser nach jedem Benutzen oder einmal pro Tag. Die übrigen 33 Prozent gaben an, dies seltener als einmal pro Tag zu tun. Der Musikmediziner gibt zu bedenken: »Das lebt, was da drin ist!«. Oft vergessen werde zudem der Instrumentenkoffer bei der Reinigung.

Hans-Christian Jabusch appelliert zum Abschluss an alle Blasmusikerinnen und -musiker, bei Asthma, Atemnot oder häufigem Husten einen Lungenfacharzt oder eine Lungenfach­ärztin zu konsultieren. Am besten erwähnt man im Gespräch, dass ein Blasinstrument gespielt wird.

Um das Instrument bakteriell nicht übermäßig zu belasten, sollte man beim Blasen auch auf Mundhygiene achten. Der Musiklehrer Greg McCutcheon sagt: »Was immer man vor dem Spielen isst und selbst wenn man nur Kaugummi kaut: Der ganze Zucker wird ins Instrument geblasen. All das Zeug klebt dort und steckt die ganze Zeit drin. Die Kids in der Highschool, die es ernst meinen mit dem Blasen, putzen ihre Zähne, bevor sie spielen.«